Ich bin Alexander, 29 Jahre alt, seit 31.12. wieder rauchfrei.
Ich habe in elf Jahren in denen ich regelmäßig 1-2 Päckchen Zigaretten geraucht habe immer wieder versucht, aufzuhören – war also keiner dieser ewig mit ihrer Sucht zufriedenen Rauchern, die sich für puren Genuss vergiften. Ich schaffte es einmal drei Jahre aus Überzeugung, fing dann aber bei der ersten „Ausrutscher-Zigarette“ im Vollrausch wieder an. Wieder verbrachte ich ein Jahr mit stinkenden Klamotten, gelben Fingern, der stechenden Lunge und der ständigen Bedrohung, keine Kippen und kein Kleingeld für ein neues Päckchen zu haben. In meiner mickrigen Bude, die immer nach kaltem Rauch roch, hockte ich, in der einen Hand das kalte Bier und der anderen die Kippe. Wenn ich aufwachte zündete ich mir schon im Liegen eine Kippe an – verfehlte beim Aschen oft die umfunktionierte Tasse oder warf sie gleich ganz um. Ich gebe zu – viele Raucher haben diese Probleme besser im Griff. Mein Aschenbecher quoll regelmäßig über.
Die Zigarette war mein treuer Begleiter – ich nutzte jede Pause dazu, mir eine anzuzünden. Wo keine Pause war, schaffte ich mir die Zeit, den dreckigen Rauch tief zu inhalieren. Oft genug reichte mir eine Zigarette nicht, um wieder „arbeitsfähig“ zu sein. Ich dachte schon beim Anzünden der ersten an die nächste Fluppe – meine Seele ließ sich nicht befriedigen mit dem bisschen Nikotin. Mein Geist war gesteuert von der Sucht. Zigaretten befehligten meinen Tagesablauf. Das Raucherabteil im Zug war mein Freund. Heute stockt mir der Atem, wenn ich nur durchgehen muss.
Ich lebte mit dem Willen, aufzuhören – aber der Angst davor, es tatsächlich zu tun. Ein endloser Kampf der jeden Tag wieder begann. Nach einer Weile startete ich mit „Endlich Nichtraucher“ einen zweiten Versuch, aufzuhören. Er glückte für zwei ganze schöne Jahre. Wieder im Rausch – wahrscheinlich war es diesmal ein Joint – vielleicht auch nur ein Bier zuviel – sicher hatte ich gerade eine Frau verloren oder war sonstwie deprimiert – ich rauchte eine Zigarette. Es muss wohl wieder großer Genuss oder enormer Trost gewesen sein, weshalb ich den Konsum bald wieder auf meine 1-2 Päckchen Luckies am Tag steigerte.
Wieder verstrich ein Jahr oder zwei. Zeit vergeht schnell und trotzdem bleibt einem genug davon, um gute Vorsätze beinahe endlos zu verschieben. Dann traf ich jemanden, dem es noch schlechter ging als mir. Der noch unzufriedener, noch depressiver und melancholischer war. Jemand, der vieles schön, aber doch alles sinnlos fand. Sinnlos, zu leben, sinnlos, zu sterben. Werte empfand dieser Mensch als nutzlos. Alles stellte er in Frage. Er lachte über jeden, der den Eindruck machte glücklich zu sein – denn Glück gab es nicht für ihn. Er hatte die Welt verstanden – sie war schwarz und elend.
Ich verstand mit einem mal, weshalb ich rauchte – weshalb ich häufig trank. Wieso ich nichts gegen den Rausch auszusetzen hatte. Da mir alles genauso egal war wie diesem Mensch, überhörte ich die Warnungen meines Körpers. Lachte über das Stechen in der Brust. Ersehnte fast den Tod.
Es hat sich seitdem vieles geändert. Ich denke sehr viel positiver. Ich zweifle nicht mehr daran, dass es gut ist, sein Leben als ein Wunder zu sehen. Eine gute Zeit zu haben. Viele Dinge belasten mich auch heute noch. Schlechte Luft in meiner Stadt. Gifte in meiner Nahrung. Schadstoffe überall. Aber ich habe aufgehört, mich zusätzlich mit Dingen zu vergiften, die ich selbst leicht kontrollieren kann. Die Zigaretten- und AlkIndustrie ist für mich heute eine gigantische Killer-, nein, Leidensmaschine.
Ich verachte Menschen, die Zigarettenautomaten aufstellen, wo 12jährige sich unbeobachtet Kippen ziehen können. Ich verachte Menschen, die mit dem Tod und dem Leiden anderer ihren Lebensunterhalt verdienen. Ich verachte zutiefst die Führer dieser Killerindustrien. Ihr Argument ist, dass sich doch jeder selbst entscheiden kann, wieviel Gift er verbraucht. Doch das ist eine Lüge – man muss kein Alkoholiker oder langjähriger Raucher sein, um das zu wissen.
Ich bedaure die Kinder rauchender Eltern – manche sind vielleicht fünf Jahre alt und haben schon Atemprobleme… Ich bemitleide jeden Menschen, der sich eine Kippe ansteckt – vielleicht direkt nach dem Aussteigen aus der S-Bahn, vielleicht beim Auto fahren…
Ich hasse Menschen, die die Gefahren des Rauchens und des Alkohols verharmlosen. Die einen moderaten Konsum befürworten oder von der 90jährigen Raucheroma erzählen, die glücklich und gesund gestorben ist.
Ich hoffe für alle Menschen als Ausweg aus ihrer Sucht, dass sie etwas „finden“. Etwas, das sie von diesem Leiden befreit und zu mehr Kraft in ihrem Leben verhilft, die sie für Gutes einsetzen können. Ich hoffe, dass ich einigen Menschen Mut machen kann.
Ich habe am ersten dieses Jahres auch damit aufgehört, Alkohol zu trinken. Ich war nie Alkoholiker, aber ich habe schon gerne nach der Arbeit mein Bierchen genommen. Am Wochenende auch etwas mehr. Alkohol ist neben allen anderen Rauschmitteln meiner Meinung nach die gefährlichste Droge, weil sie nicht nur legal, sondern sogar noch explizit erwünscht in allen Kulturkreisen und bei jedweder Festivität ist. Diese Droge wäre kaum noch wegzudenken und wirkt deshalb so verhehrend. Der erhebliche Konsum auf der Welt ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass sehr viele Menschen mit sich und der Welt unzufrieden sind.
Es tut mir leid, wenn ich in dieser Mail außerordentlich polarisiere… Aber ich kann meinen Unmut über dieses Thema nur schlecht verbergen. Ich würde mich freuen, wenn ihr meine Mail auf www.rauchfrei.de posten würdet.
Ich finde es super, dass es eure Seiten gibt.
Liebe Grüße Alexander Schwab
Alle Rauchfrei- & Nichtraucherberichte sind persönliche Meinungsäußerungen, die uns von ehemaligen Rauchern zur Verfügung gestellt wurden, um durch die Veröffentlichung ihrer individuellen Erfahrungen anderen Rauchern beim Rauchen aufhören zu helfen. Rauchfrei.de macht sich die Meinungen nicht zu eigen. Berichte können bei Bedarf um Tippfehler bereinigt oder um Unwesentliches gekürzt worden sein. mehr persönliche Nichtraucher Erfolgsgeschichten
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